Joseph Woelfl

1773–1812

Geboren in Salzburg, war der Zeitgenosse von Mozart und Beethoven einer der erfolgreichsten Komponisten seiner Zeit. Er war als Komponist und Pianist unter anderem Wegbereiter von Chopin und Liszt. In seiner Wiener Zeit trat er gemeinsam mit Beethoven auf, vollzog aber hauptsächlich eine europaweite Karriere, die auf Empfehlung Mozarts in Warschau begann und ihn über Paris nach London führte, wo er zum damals best verdienenden Komponisten weltweit avancierte.

In der Woelfl-Gala im Jahr 2022 hat unser Präsident Franz Bachleitner in sehr unterhaltsamer Weise einen Überblick über das Leben und Wirken Woelfls gegeben. Informieren Sie sich anhand der Transkription seiner Moderation und der dazugehörigen Videos:

Aus: Six English Songs

WoO 46

Mezzosopran: Christa Ratzenböck – Klavier: Johann Zhao

„Am zwölften August 1737 heiratet der Straßwalchner Glasermeister Johannes Paulus Wölfl die Elisabeth Wallner, eine Frau aus dem Beamtenadel in Bayern. Kurze Zeit darauf wird ihr erster Sohn geboren, Johann Paul Wölfl. Einer, der seine Ausbildung dann als Verwaltungsjurist in Ingolstadt macht. Er wird dann eine große Beamtenkarriere machen. Zuerst am Gericht in Burghausen – und Burghausen ist das zuständige Rentsamt von Straßwalchen – und er wird sogar dann 1764 vom Stadtgericht Burghausen und vom bayerischen Herzog nach Straßwalchen berufen und als Mautner eingesetzt. Straßwalchen ist zu dieser Zeit ein zweigeteilter Ort – eine ganz eigenartige Situation, die sich da ergeben hat. Und er wird sein Amt so gut ausüben, dass ihn der Straßwalchner Pfleger, der Salzburger Pfleger, der Herr von Schnedizeni für den Erzbischof von Salzburg abwerben kann. Er wird 1772 nach Salzburg ziehen, und die Stelle eines Hofumgelders belegen. Hofumgelder – das ist das, was heute ein Finanzminister wäre, ein Finanzminister des Erzbischofs. Der Erzbischof weist ihm eine, eine Dienstwohnung in der Festungsgasse zu, und zwar in dem Haus, in dem auch Michael Hayden wohnt. Die beiden wohnen Tür an Tür, und am 23. Dezember 1773 wird der Sohn Joseph geboren, der Joseph Wölfl. Seine Mutter ist die Maria Theresia Preusin, ebenfalls ein Mitglied des bayerischen Adels. Und dieser Wölfl, Johann Paul, wird dann 1774 Spitalsverwalter von Sankt Johanns Spital in Salzburg. Er wird bezeichnet als einer der fähigsten Beamten, die es jemals in den Diensten der Salzburger Erzbischöfe gegeben hat. Er wird als Finanzminister seinem Herrn, dem Erzbischof Colloredo ein enormes Vermögen zur Verfügung stellen. Der eine oder andere kennt die Geschichte, dass Colloredo in den Franzosenkriegen Salzburg mit zwölf Goldwägen verlassen hatte. Aber dieser Johann Paul Wölfl wird wieder nach Straßwalchen zurückkommen, und zwar wird er sich am 10. Juli 1795 eine Liegenschaft in der heutigen Salzburgerstraße kaufen: das Cafe Bachmaier oder der alte Kindergarten -wie ihn die Straßwalchner kennen. Und in diesem Haus wohnt auch seine Schwester, die Elisabeth Wölfl, die gemeinsam mit ihrem Mann den elterlichen Betrieb der Wölfls in Straßwalchen weitergeführt hat. Allerdings ist ihm kein sehr langes Leben vergönnt, und er wird rund ein Jahr später bereits versterben. Am 3.8.1796 wird er begraben – hier, in Straßwalchen, in dieser Kirche, und draußen ist sein Grab – allerdings heute nicht mehr sichtbar. Nun, seine Familie, die Familie Groh, wird sich noch über Straßwalchen hinaus setzen und des großen Sohnes – Josef Wölfl -gedenken. Dieser Joseph Wölfl wird in den Anfangsjahren von Michael Haydn ausgebildet. Er wird am Domkloster zu Salzburg ausgebildet. Dort wird er von einem Straßwalchener unterrichtet werden – von Pfarrer Sochor, ein Mitglied einer Straßwalchener Kaufmannsfamilie, die auch eng mit der Familie Mozart verbunden war. Zum Beispiel für die Fahrt des ‚Bäsle‘ von München nach Salzburg, die Mozart gemacht hat, wird die Familie Sochor die Kutsche dafür bereitstellen. Und dieser Josef Wölfl wird dann sein elterliches Erbe in Straßwalchen antreten, und wird er am 3.2.1797 in Straßwalchen laut dem Hofratskonsens erstens seine ererbte Liegenschaft an seine Tante und an seinen Onkel verkaufen, zweitens wird er in Straßwalchen großjährig erklärt und bekommt das Bürgerrecht. Allerdings hat er kein großes Interesse, in Straßwalchen zu bleiben, er wird weitergehen. Die Großjährigkeit ist für ihn deswegen so wichtig, weil er andere Interessen hat und seine Musikerkarriere weiter fortführen möchte, die er bereits einige Jahre vorher begonnen hat; mit sieben Jahren hat er sein erstes Konzert in der Stadt Salzburg am Erzbischöflichen Hofe gegeben. 1790 hat er die erste Wohnung in Wien bezogen, als ausgebildeter Pianist und Musikkünstler, wie man das damals genannt hat. Und niemand geringerer als Mozart selbst wird ihn an den Fürsten Oginsky nach Polen vermitteln. Das wird sein erster großer Karriereschritt in Warschau werden, wo er dann seine ersten großen Verdienste macht. Als er sein Erbe in Straßwalchen antritt, ist er bereits ein reicher Mann. Allerdings wird er Straßwalchen mit dem gesamten Erbe von 10.000 Gulden verlassen. Zum Vergleich: sein Elternhaus hat damals einen Wert von 1200 Gulden gehabt. Also er ist sehr, sehr gut dotiert gewesen. Eine kleine Episode dazu: Auch damals war es den Hofräten schon bekannt – und wir als gelernte Österreicher wissen das ja alle – dass die Finanzminister es nicht immer ganz genau genommen haben bei den eigenen Steuern. Daher hat der Erzbischof den Richter angewiesen, er möge genau darauf achten, dass der Erbe Joseph Wölfl auch seine Abgaben pünktlich und zeitgerecht bezahlt. Aber er geht mit einem doch beträchtlichen Vermögen von Straßwalchen weg. Er macht eine unvergleichliche Karriere, wie es sie in der europäischen Musikgeschichte nur ganz selten gibt. Er wird – wir werden es in seinen Stücken hören – sich weiter entwickeln. Er wird durch ganz Deutschland ziehen, er wird alle großen Bühnen bespielen. Er wird in Paris vier Jahre dominieren, bevor er nach England geht. Warum er diesen Wechsel nach England macht, werde ich später erzählen. Er wird in England ab 1805 eine ganz, ganz große Karriere haben, wird in den größten Musiksälen spielen, und er wird es zu einem unglaublichen Vermögen bringen. Und dieses Vermögen, dessen wird er sich nicht lange erfreuen, denn er wird im Alter von 39Jahren versterben, wird im Friedhof von Marylebone in London begraben. Nur um zu sagen, wie bedeutend er war, bevor wir jetzt dann beginnen mit 3 der berühmten ,Six English Songs‘: Der Trauerzug in London wird phänomenal gestaltet, da werden Clementi, Kramer, alle großen Musiker der Zeit daran teilnehmen. Und wie gesagt, Joseph Woelfl wird auf dem berühmten Friedhof von Marylebone begraben, das Grab wird leider zerstört werden. Er wird eine enorme Auswirkung haben, vor allen Dingen als Lehrer, als Klavierlehrer, als Pianist, als Komponist. Er wird in England heute noch viel gespielt, obwohl bei uns relativ unbekannt. Es gibt diese Aussage: ‚Es gibt in England kein einziges Klavier, auf dem nicht Noten von Joseph Woelfl liegen.‘ Leider ist er bei uns etwas vergessen worden, wir werden das auch dann etwas genauer erläutern, und ich freue mich jetzt, dass wir eine ganze Reihe hervorragender Künstler für diesen Abend gewinnen konnten, und Christa Ratzenböck wird uns nun einen Teil dieser Englischen Songs vortragen und wird dabei begleitet von einem sehr jungen Pianisten, dem Johann Zhao, er ist erst 18 Jahre alt und ich freue mich auf die Musik, die die beiden uns jetzt vortragen werden.“

Franz Bachleitner, Woelfl Gala Straßwalchen, 30. Juli 2022

Grand Duo pour Harpe & Piano

Harfe: Werner Karlinger – Klavier: Johann Zhao

„Meine lieben Damen und Herren, wir fahren in der Lebensgeschichte von Josef Woelfl weiter fort: Josef Woelfl schreibt am 12. Dezember 1800 in einem Brief an seinen Verleger Härtel – Härtel war damals der wichtigste Verleger im deutschsprachigen Raum und keine Noten sind so häufig verlegt worden wie die von Woelfl – aber er schreibt ihm: ‚Ich habe hier die Bekanntschaft gemacht von Bonaparte und Bruder und wichtige Briefe und Einladungen nach Paris erhalten.‘ In Paris wird er eine große Karriere machen, er wird allerdings unter dem Namen ‚Monsieur Wolf‘ auftreten. Woelfl wird in Paris enorme Erfolge feiern, aber trotz der vielen Erfolge wird Woelfl 1805 urplötzlich Paris verlassen. Das wird bis heute gerätselt ‚Warum eigentlich?‘ – Er hat viel Geld verdient, er hat große Erfolge gefeiert, was hat ihn dazu getrieben Paris zu verlassen – Napoleon ist auf dem Höhepunkt seiner Macht – also was war passiert? In der Musikwelt haben manche gesagt, naja, er hat Geldprobleme gehabt. Geldprobleme hat er mit Sicherheit nicht gehabt, das weiß man heute. Kein Musiker hat so viel verdient wie er. Aber, er war – wie Sie im Programmheft sehen können – ein sehr attraktiver Mensch, er war jung, überdurchschnittlich groß, wurde in Salzburg an der Pagerie ausgebildet – hatte Manieren, war ein Mann von Welt. Ein Stück aus dieser Zeit und– zwar das große Harfenduo mit Piano in B-Dur – wird uns nun Werner Karlinger vortragen zusammen mit Johann Zhao am Klavier.“

Franz Bachleitner, Woelfl Gala Straßwalchen, 30. Juli 2022

Aus der Oper „Der Kopf ohne Mann“

WoO 6: Ich komme aus der Ferne

Mezzosopran: Christa Ratzenböck – Woelfl-Bläser-Oktett

‚Lieber Woelfl, sei willkommen, rühmlich war dein Probenstück – könnte Mozart wieder kommen, sicher wünschte er dir Glück! Klettre immer mutig weiter zu dem großen Meister auf, oben auf der Stufenleiter krönet Mozart deinen Lauf!‘ – das Gedicht hat Emanuel Schikaneder geschrieben, und zwar nach der Aufführung des „Höllenbergs“ am Theater an der Wien, so begeistert waren die Menschen. Unsere Christa wird Sie jetzt sicher ebenso mit der Arie des Genius ‚Ich komme aus der Ferne‘ aus ‚Der Kopf ohne Mann‘, begleitet von unserem Orchester, überzeugen!“

Franz Bachleitner, Woelfl Gala Straßwalchen, 30. Juli 2022

Aus: Grand Sonata for the Harp

WoO 52

Harfe: Werner Karlinger

„Straßwalchen und die Musiker: Es gibt einen Brief von Mozart in dem er im Fasching 1769, natürlich in Straßwalchen, schreibt ‚Ich möchte wissen, aus welchem Grunde das Nichtstun von den Jünglingen so hoch geschätzt wird, dass sie sich weder durch Worte noch durch Schläge abbringen lassen!‘ Der Brief wurde in Straßwalchen aufgefunden und wurde dann später in den Mozart-Briefen verwendet und die Beziehung zwischen Mozart und Woelfl war ja bekanntlich sehr eng. Woelfl ist ja im Hause der Mozarts aufgewachsen, aber – bei aller Sozialromantik – hat es da einen gewissen Unterschied gegeben, denn Woelfl war zugelassen zur Hoftafel, während die Mozarts immer bei den Tischen der Bediensteten sitzen mussten und daher hat auch Mozart dann in seinen Briefen wenig von einem Joseph Woelfl geschrieben, sondern er bezeichnet ihn immer nur als den ‚Verwalter-Seppl‘ – ein wenig abwertend, aber Mozart war da halt im Wettbewerb. Es gibt viele Beziehungen von Straßwalchen zur Familie Mozart und schlussendlich hat ja auch die Nannerl Mozart in Straßwalchen ihr großes Glück gefunden, nach einiger Zeit hat sie endlich ihren Johann Baptist Berchthold zu Sonnenburg heiraten können, das war nur möglich, weil die Kinder aus der ersten Ehe der Sonnenburgs in Straßwalchen erzogen worden sind und zwar im Riemerhof vom Schnedizeni, vom Pfleger von Straßwalchen, der eigentlich das Leben eines Fürsten gelebt hat. Damals war Straßwalchen ein bedeutender Handelsort, eine Sonderwirtschaftszone könnte man sagen – stellt Euch nur vor: 6 Brauereien, 25 Gasthäuser, 10 Schuster, 10 Schneider und es hat Berufsmusiker gegeben – es war die einzige Gemeinde in der es echte Berufsmusiker gegeben hat, weil man hat ja die Leute Abends unterhalten müssen, bei zumindest 2 Gasthöfen wurde jeden Tag zum Tanz aufgespielt. Die Verehrung des Woelfl von Mozart – er hat ja angeblich schon bei der Oper ‚Die Zauberflöte‘ mitgearbeitet. Und ich freu mich jetzt ganz besonders – und das zeigt auch die enge Bindung von Woelfl zur Familie Mozart – wenn jetzt die große Sonate für Harfe zur ‚Così fan Tutte‘ von Mozart gespielt wird, und Werner, Du wirst uns wieder in eine neue Welt einführen!“

Franz Bachleitner, Woelfl Gala Straßwalchen, 30. Juli 2022

Konzert für Klarinette und Orchester

WoO 2.2

Klarinette: Bernhard Mitmesser – Woelfl-Bläser-Oktett

„Als ich letztes Jahr zum ersten Mal an einem Woelfl-Symposium teilgenommen habe, sind mir 2 Punkte im Gedächtnis geblieben: der eine war, dass ein Forscher in den USA, in San Franzisco das Tagebuch von Joseph Woelfl aufgefunden hat, in das sich alle großen Geister seiner Zeit eingetragen hatten. Ich habe das erste Mal Originalschriften von Joseph Haydn darin gefunden, und auch von Friedrich Schiller, der ihm ein Gedicht gewidmet hatte, das ich gerne mitgenommen hätte, aber noch nicht vortragen darf, weil es erst freigegeben werden muss. Und das Zweite: am Ende ist ein Musikprofessor aufgestanden und hat gefragt: ‚Sie, jetzt erklären Sie mir bitte, was ist bei euch passiert, dass ihr den vergessen habt, wie kann es sowas geben?‘ Und ich glaube, wenn wir jetzt unsern Herrn Mitmesser zusammen mit dem großen Orchester gehört haben werden, dass mir das Publikum die Frage: ‚Soll‘nma den jetzt vergessen, oder nicht?!‘ beantworten wird können“

Franz Bachleitner, Woelfl Gala Straßwalchen, 30. Juli 2022